Die Große Geld oder Leben Tour

Eine mobile Inszenierung im Stadtraum, Berlin, 2009
Kooperation mit  Ballhaus Naunynstraße

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Der Mensch, das Humankapital. Seit mehr als einem Jahr ist die Welt in der Wirtschaftskrise und alle reden von Krediten, von Geschäftspraktiken, auch von Moral. Wir haben uns auf eine Recherchetour durch den post-migrantischen Wirtschaftskosmos von Berlin begeben und Fragen gestellt: Ist das Ihr Geschäft? Warum arbeiten Sie hier? Wie sieht Ihr persönlicher Fünfjahresplan aus? Was ist Ihnen wichtiger: Geld oder Leben?

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Auf der Suche nach dem Großen Geld lenkt Busfahrer Ecki 35 Fahrgäste in einem ausrangierten BVG-Bus durch die Stadt. Die Tour führt an drei dynamische Orte post-migrantischen Wirtschaftslebens, die jeweils auf ihre Art das Stadtbild prägen: zum Dong Xhuan Center nach Lichtenberg, dem größten vietnamesischen Handelsplatz Europas; weiter zu den türkischen Autoschraubern hinter dem Kreuzberger Finanzamt, die in den ehemaligen Pferdeställen der Preußischen Armee die Schlitten wieder flott machen; und schließlich zum Neuen Kreuzberg Zentrum, wo sich in über 80 Gewerberäumen die unterschiedlichsten Kleinökonomien versammelt haben: Wettbüro, Money Transfer Bank, Drogenhandel, Künstleratelier.

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Drei Generationen von Migranten und Post-Migranten erzählen von ihren Wirtschaftsmodellen: vom Sparen und Geld verschicken, von der schwierigen Balance zwischen Arbeit und Leben, vom Traum vom Großen Geld. Es gibt Überlebensstrategien und Erfolgsgeschichten, langfristige Visionen und komplizierte Kalkulationen – aber auch das Gefühl, nie in der Gesellschaft anzukommen, eine unproduktive Last zu sein. Zwischen dem angeworbenen Gastarbeiter und dem selbständigen Unternehmer liegen über vierzig Jahre Migrationsgeschichte.

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Im Lauf der zweistündigen Inszenierung taucht das Publikum über MP3-Player in die Gedankenwelten der Protagonisten ein. Regieanweisungen via Kopfhörer machen die Fahrgäste zu Mitspielern. Auf der Tour gibt es Unterbrechungen, neue Fahrgäste steigen ein und aus, es kommt zu Zwischenfällen. An den drei Stationen verlässt das Publikum den Bus, um Geld zu verdienen und auszugeben, in kleinen Gruppen die Orte zu erkunden und in Dialog mit den realen Protagonisten zu treten.

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Der Katalog dokumentiert die Tour und ihre Orte.

Idee, Konzept, Recherche, Interviews: Cagla Ilk & Doris Kleilein

Textfassung: Michael Ronen, Yael Ronen, Irina Szodruch

Regie: Michael Ronen

Dramaturgie: Irina Szodruch 

Katalog: Cagla Ilk, Doris Kleilein, Jan Liebscher